Klaus Obermeyer: Eine Legende in Aspen
Wer ist der größte Star in Aspen? Schmalzlocke Antonio Banderas, der ausrastende Charlie Sheen oder die nervende Paris Hilton? Keiner von ihnen! Aspens größter Star ist ein Deutscher, der weit über 90-jährige Klaus Obermeyer.
Antonio Banderas wedelt mit feurigem Hüftschwung den Aspen Mountain hinab, Jack Nicholsons teuflisches Grinsen spiegelt sich im Schaufenster der Prada-Boutique und die unsägliche Paris Hilton räkelt sich im knappen Christkindl-Outfit auf einem Schlitten für die Klatschfotografen. Im Winter zieht es Hollywood in die Rocky Mountains. Die alte Minenstadt mit ihren viktorianischen Holzhäusern und den tausenden Lichterketten wird dann zur glamourösen Kulisse für das Schaulaufen der Reichen und Schönen. Im St. Moritz Amerikas tummeln sich Stars und Sternchen. Aspens wirklicher Star aber ist ein weit über 90 Jahre alter Deutscher: Klaus Obermeyer.
«Er ist die Seele Aspens», sagt Gunnar Sachs. Und der Sohn des einst legendären Jetset-Königs Gunther Sachs muss es wissen. Schließlich betreibt er in Aspen das Inn-Restaurant Social, das zu den ersten Adressen in der höchstgelegenen Feinschmecker-Metropole Nordamerikas zählen. Bei Sachs diniert die örtliche Prominenz neben Stars wie Heidi Klum. Die Erfolgreichen, die Berühmten und die Diven – aber niemand beeindruckt so sehr wie der ältere Herr aus Oberstaufen. Obermeyer ist einer der einfallsreichsten Erfinder im Skisport, erfolgreicher Sportmode-Unternehmer und ein echtes Original, das seine Freunde mit einem gekonnten Jodler begrüßt.
Weil er als Flugzeugingenieur nach dem zweiten Weltkrieg keine Arbeit mehr fand, wanderte er nach Amerika aus, um sich als Skilehrer durchzuschlagen. Schon damals kamen die Promis nach Colorado. Obermeyer brachte Garry Cooper und Ingrid Bergmann das Skifahren bei. «Die war fesch», schwärmt der Bayer noch heute. «Aber ihr Ehemann war so eifersüchtig. Der hat sich immer hinter Bäumen versteckt und uns nicht aus den Augen gelassen», verrät Obermeyer. Und dabei funkeln seine Augen so sehr, dass man die Eifersucht von Ingrid Bergmanns Gatten durchaus nachvollziehen kann.
Mit eifersüchtigen Ehemännern hatte Obermeyer vor rund 50 Jahren aber weniger Probleme als mit dem schlechten Material. «Mir sind die Skischüler in ihren Woll-Jacken fast erfroren», erinnert sich der weißhaarige Herr. Und da er nur Geld bekam, wenn seine Schüler den Kurs auch beendeten, musste eine Lösung her: Kurzerhand zerschnitt Obermeyer die Daunendecke seiner Mutter und schneiderte sich selbst daraus den ersten Daunen-Anorak der Welt. «Der Prototyp war eine Katastrophe. Darin sah man aus wie der Michelin-Mann», erinnert sich Obermeyer. Aber der Anorak war warm und ein Skischüler zahlte ihm 250 Dollar dafür. Das war Wahnsinn. Für 1200 Dollar konnte man sich damals ein Auto kaufen, erzählt Obermeyer.
In kürzester Zeit hatte er seinen Daunen-Anorak perfektioniert und produzierte ihn in Serie. Obermeyer Sport war geboren und florierte, weil der gelernte Ingenieur mit einer Erfindung nach der anderen aufwartete: Er erfand zweiteilige Skischuhe mit weichem Innenschuh und harter Außenschale, die Sunblocker-Creme gegen Sonnenbrand im Hochgebirge und die verspiegelten Sonnenbrillen gegen Schneeblindheit.
300 Tage Sonne pro Jahr
«Diesen Sonnenschutz brauchten wir hier dringend», betont Obermeyer. Schließlich liegt der Ort Aspen schon auf 2400 Metern Höhe und zudem so südlich wie Messina. «Deshalb haben wir hier 300 Sonnentage im Jahr und auch im Winter noch angenehme Temperaturen», berichtet Obermeyer, der seine Firma als «President» immer noch leitet, wenn er nicht gerade auf der Piste ist.
Auf dem Weg zur Silver Queen Gondola geht er leicht gebeugt und er humpelt ein wenig. Mit jedem Höhenmeter scheint der alte Herr jedoch jünger zu werden. Auf dem 3418 Meter hohen Gipfel des Aspen Mountain ist er dann in seinem Element. Über sanft gewellte Genussabfahrten gleitet Obermeyer an den steilen Hängen durch die Wälder vorbei zu seiner Lieblingspiste: «Das ist die Ruthies-Abfahrt. Da sind wenige Leute und man kann es richtig laufen lassen», strahlt Obermeyer im Lift. Trotz seines stolzen Alters fährt er immer noch vielen auf und davon.
Von der Ruthies-Piste blickt man hinunter auf den tief unterm Schnee begrabenen Ort und hinüber nach Aspen Highlands, den Lieblingsberg der Einheimischen. «Hier gehen die Locals hin, um bescheidener zu werden», steht in einer Werbebroschüre. Und wer die legendäre Highland Bowl gefahren ist, der glaubt dies. Die Abfahrten vom 3780 Meter hohen Highlands Peak sind im wahrsten Sinne des Wortes atemberaubend. Bevor man sich auf einer der 18 Tourenabfahrten in die Bowl hinabstürzen kann, muss man erst mal fast eine Stunde aufsteigen. «Experts only» – alle paar hundert Meter mahnen gelb-schwarze Warnschilder zur Umkehr. Zu Recht, meint Skiführer Kenny Smith in pathetischen Worten: «Wer seine Ski hier nicht wirklich beherrscht, dem gnade Gott!» Dann zurrt er seinen Lawinenrucksack fest, checkt noch einmal die LVS-Geräte und stürzt sich hinab.
Alpenländische Küche
«Double black diamond nennen die Amerikaner diese Steigerung einer schwarzen Piste. Nach dem Höllenritt geht´s von Adrenalin berauscht durch die bis auf eine Höhe von weit über 3000 Metern wachsenden, dichten Wälder zurück ins Skigebiet und zum Einkehrschwung auf die Cloude 9-Hütte. Wer in den USA gemütliche Berggasthöfe vermisst, ist bei Andreas Fischbacher genau richtig. Hier gibt es feine alpenländische Küche und keine Burger oder Hot-Dogs», sagt der Österreicher. An kalten Tagen drängen sich alle rund um den alten Kamin. Bei Sonnenschein strömen die Gäste auf die schönste Sonnen-Terrasse Aspens. Als die Cloude 9-Hütte noch das Hauptquartier der Bergwacht war, sprangen die Ski-Patroler gerne mal auf Skiern über das Dach der Hütte. «Manchmal sogar mit dem Akia im Schlepptau», erinnert sich Bergwachtler AD Fuller.
Vor tief fliegenden Ski-Patrolern muss sich auf der Cloude-9-Hütte heute niemand mehr fürchten. Nur vor Fischbachers Obstler sollte man sich in Acht nehmen. Gegen ein Gläschen in Ehren hat niemand etwas einzuwenden, ansonsten aber ist Alkohol auf den Pisten verpönt. Der Berg bietet doch genug Spaß, meint Fuller. Anders als in Europa darf man innerhalb des lawinenüberwachten Skigebiets auch abseits der Pisten quer durch die Wälder fahren. «Tree-Skiing» nennen das die Amerikaner. Und wer auf den Pisten bleibt, wundert sich, wie viel Platz er dort hat. Verglichen mit den Ski-Arenen der Alpen waren Aspens Pisten aufgrund der Lage des Ortes weitab großer Städte immer schon leer.
Unvergleichlicher Powder
Neben den leeren Pisten und unzähligen Geländeabfahrten aber ist der berühmte Champagne Powder Colorados größter Trumpf, meint Obermeyer: «Die Höhe und die Lage mitten im Kontinent sorgen dafür, dass der Schnee so trocken und pulvrig niederrieselt. Und wenn es über Nacht mal wieder 15 Zentimeter Neuschnee gegeben hat, bekommen meine Leute tiefschneefrei.»
Dann strömen seine Angestellten nach Highlands oder Snowmass. Der immer größer werdende Retortenort hat zwar nicht das Flair von Aspen, wo es neben 80 Kunst-Galerien und einigen Theatern sogar eine Oper gibt, dafür aber ein gigantisches Skigebiet. Es ist so groß wie die übrigen drei – Aspen, Highlands und der eher langweilige Anfängerberg Buttermilk – zusammen.
Ski-Bus zwischen Aspen und Snowmass
Ein kostenloser Ski-Bus verbindet Aspen mit dem gut eine halbe Stunde entfernt liegenden Snowmass. Die Fahrt geht vorbei am kleinen Flughafen, auf dem in der Hochsaison an die hundert Privatjets stehen. Wer zwischen zehn und 36 Millionen Dollar für eine Villa in Pistennähe zahlt, will standesgemäß anreisen. Auf den Pisten sieht man diese Wohlbetuchten seltener als auf den beheizten Gehwegen vor den Edel-Boutiquen oder in einer der 80 Kunst-Galerien, spottet Pilot Tod Roggers. Obermeyer dagegen trifft man am häufigsten auf der Piste. «Ich lerne noch mit jeder Abfahrt dazu», sagt er und fügt dann mit seinem herzlichen Lachen hinzu: «Und wenn ich mal 120 Jahre alt bin, hoffe ich, dass ich endlich richtig Skifahren kann.»
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Name | Aspen Mountain |
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Location | Aspen; White River National Forest |
Provinz/Bundesstaat | Colorado |
Mountain Range | Aspen Mountain |
Zielflughafen | Denver Int. Airport |
Transferzeiten | 2 bis 3 h |